Das Leben ist stärker als der Tod
Zum Osterfest 2020 grüße ich Sie herzlich: Wir feiern, dass Gottes Liebe stärker ist als der Tod! Der schwere Stein ist weggerollt; die Soldaten, die das Grab von Jesus bewachen sollten, liegen am Boden; das Grab ist leer: Christi Liebe lässt sich nicht einsperren!
In diesem Jahr fehlt allerdings einiges, um die Freude der Osterbotschaft zu feiern: Der Glanz der vielen Kerzen in der Osternacht, die gemeinsam mit dem Morgenlicht die Schwere und die Sorgen aus der dunklen Kirche vertreiben. Die Menschen, die sich nach dem großen Halleluja in der Kirche umarmen, die sich „Frohe Ostern“ wünschen oder sich wechselseitig so wie vor 2000 Jahren zurufen: „Christus ist auferstanden!“ „Er ist wahrhaftig auferstanden!“ Das feierliche Abendmahl. Das schöne gemeinsame Osterfrühstück.
Die Corona-Krise zwingt uns dazu, Abstand zu halten und vorsichtig im Miteinander zu sein. Aber die Verunsicherung geht tiefer: Wir spüren, wie verletzlich wir sind. Unser Lebensmodell: „immer mehr, immer besser, immer sicherer“ scheint an eine Grenze gekommen zu sein. Wie wird es weitergehen?
Auch die Freundinnen und Freunde von Jesus waren nach seinem Tod verunsichert und bedrückt. Auch sie machten sich nur allein oder zu zweit auf den Weg zu seinem Grab, um mal vorsichtig zu schauen. Zu groß war der Schock, zu unklar die Lage.
Doch dann ist das Grab leer und ein Engel ruft ihnen zu: „Fürchtet euch nicht! Ihr sucht Jesus den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat! Geht und sagt es weiter!“
Wie kann das sein: Jesus ist auferstanden? Dann stimmt nicht mehr, was immer feststand: Alle Menschen sterben!?
Was an Ostern geschieht, stürzt die Welt um: Das Leben ist stärker als der Tod. Die Gerechtigkeit siegt über den Eigennutz. Friede kehrt ein. Gott gibt uns die Kraft und den Mut, die Welt im Geist der Liebe Christi zu gestalten.
Da geht es nicht darum, für mich oder mein Land möglichst schnell möglichst viel Schutzkleidung zu bekommen; da wird gemeinsam überlegt, wo was gebraucht wird und dann gerecht geteilt. Da werden Patienten aus dem Elsass in baden-württembergischen Kliniken behandelt. Da legt eine junge Frau ihren Wintermantel in eine Plastiktasche am Gabenzaun, damit eine obdachlose Frau in den bis vor kurzem sehr kalten Nächten nicht erfriert.
Wir feiern Ostern in diesem Jahr anders. Aber die Botschaft ist die gleiche: Christus ist auferstanden! Seine Liebe ist stärker als der Tod. Sie verändert die Welt und bewegt unsere Herzen! Sagen Sie diese gute Nachricht weiter: mit Briefen, telefonisch, per WhatsApp oder Email, mit bunten Eiern oder Blumen vor den Türen der Nachbarschaft, mit Tüten am Gabenzaun mit Kleidung, Hy-gieneartikeln oder Essen für die Menschen ohne Obdach, mit Liedern vom Balkon oder einer Posaune auf dem Kirchturm: „Christus ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden!“
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Osterfest!
Prof. Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh – Landesbischof