Von Pfarrer Albert Schechter, 1976

Bis in die Mitte der 60er Jahre hinein war die evangelische Gemeinde in der March eine typische Diaspora-Gemeinde. Das bedeutet wörtlich: Eine in der Zerstreuung lebende Kirche, zerstreut unter eine große Zahl von katholischen Christen, die hier die eigentlich Einheimischen sind. Die evangelischen Christen untereinander allerdings waren in keiner Weise zerstreut, sie hielten fest zusammen, unablässig bemüht um Pfarrer und Vikare, die zum Gottesdienst und Religionsunterricht kommen sollten. Der Schulsaal wurde mit viel Liebe zu einem feierlichen Gottesdienstort umgestaltet, und jedes Gemeindemitglied versuchte in großer Solidarität, an Freud und Leid des anderen teilzunehmen. Die Gemeinde war aus sich selbst heraus aktiv und verantwortunsbewußt und bewies, daß sie auch ohne eigenen Pfarrer lebensfähig war.

Die Geschichte der Evangelischen in der March wurde erstmals ausführlich vom ersten eigenen Pfarrer der Gemeinde, Herrn Kalläne, unter Mitarbeit von Frau Johanna Klasterer in der Festschrift zur Fertigstellung der Renovierung der evangelischen Kirche in Hugstetten dargestellt. Als Quellen sind nur einige Schriftstücke und Briefe vorhanden, die Kirchenbücher und das Gemeindeblatt der Freiburger Gemeinden von 1918 bis 1941. Im folgenden gebe ich eine kurze Zusammenfassung der „Evangelischen Gemeindechronik“ aus der obengenannten Festschrift.

Zu unserer Gemeinde gehören in ihrer Geschichte alle Marchdörfer außer Holzhausen sowie meistens die Gemeinde Umkirch. Bis 1905 wurden die Evangelischen in diesem Raum von Bötzinger Pfarrern versorgt. 1906 wurde die Lutherkirche in Freiburg mit der Versorgung unserer Diaspora-Gemeinde beauftragt. Stadtvikar Lang hatte damals 3 Evangelische in Buchheim und 32 Evangelische in Hugstetten zu versorgen. Den Gottesdienst besuchte man meistens zu Fuß entweder in Bötzingen oder in Freiburg. 1923 stellte die politische Gemeinde Hugstetten unentgeltlich einen Schulsaal zur Verfügung, und nun wurde hier regelmäßig 14täglich Gottesdienst gefeiert. Es beginnt ein Entgegenkommen der politischen Gemeinde, auf das wir bis zum Jahresende 1975, zuletzt durch die Überlassung des Feuerwehrhaussaales Hugstetten, dringend angewiesen waren. Im Sommer wurden die ersten Gottesdienste in der March um 6.30 Uhr gefeiert! Ein denkwürdiger Tag ist der 22. März 1925, die erste selbständige Konfirmationsfeier in der March. Der Glaube in der Gemeinde war damals so lebendig, daß bespielsweise in einem Abendgottesdienst am Karfreitg, der mitgestaltet wurde von einem Chor der Ludwigskirche, die gesamte Gemeinde vollzählig anwesend war. Von 1925 bis 1929 wirkte besonders segensreich Stadtvikar Richard Nutzinger, wobei ihm Gottesdienst und Unterricht sehr am Herzen lagen. Viel Hilfe und echte Solidarität begründete Vikar Nutzinger durch seine Anregung, die persönlichen Anliegen der Gemeindeglieder in Freud und Leid der gesamten Gemeinde bekanntzumachen. Das segensreiche Wirken dieses Stadtvikars wurde fortgesetzt von Vikar Gerhard Kühlewein, dem späteren Oberkirchenrat. Gewiß hat er hier in der March seine Verbundenheit mit der Diaspora entscheidend erlebt, für die er sich heute [1976] im Ruhestand noch besonders engagiert. Vikar Kühlewein gelang es, den Gottesdienst am Sonntag auf eine etwas „menschlichere Zeit“, nämlich auf 9.00 Uhr zu legen.

Um weiterhin eine ausreichende Versorgung zu sichern, wurde vom evangelischen Oberkirchenrat ab 1. Januar 1931 die Gemeinde in der March der Pfarrei Breisach zugeordnet. Der Abschied von der „Freiburger Mutter“ war nicht leicht, zumal Umkirch bei Freiburg blieb. Doch 1937 kommt die Gemeinde wieder zu Freiburg, allerdings nicht zur Luther-Pfarrei, sondern zum neu errichteten Pfarrvikariat Freiburg-Betzenhausen. Damit war auch die March und Umkirch wieder beisammen. Gottesdienst wurde für alle gemeinsam in Hugstetten gefeiert, der Religionsunterricht in Hugstetten und Umkirch – natürlich außerhalb der üblichen Schulzeit – gehalten. Pfarrer Schofer aus Freiburg-Betzenhausen hält 1940 wieder seit langer Zeit eine eigene Konfirmation im Hugstetter Schulsaal. Kurzfristig wurde vom NS-Staat die Abhaltung von Gottesdiensten in Schulsälen verboten, doch wurde für Hugstetten der Erlaß bald wieder zurückgenommen. Durch den Krieg wurde die Versorgung immer schwieriger; die Pfarrer aus Freiburg-Zähringen mußten neben Betzenhausen auch die Marchdörfer noch versorgen. Als Betzenhausen 1948 wieder einen eigenen Pfarrer erhält, wird unsere Gemeinde wie früher von dort betreut. Die Gottesidenste finden jetzt nicht mehr im Schulsaal, sondern in der alten katholischen Kirche von Hugstetten statt – der jetzigen evangelischen Kirche.

Pfarrer Paust setzt sich besonders für die Flüchtlinge ein, und auf seine Initiative geht auch die Siedlung in der Königsberger Straße in Hugstetten zurück. 1953 kommt Pfarrer Kühnrich nach Freiburg-Betzenhausen, und damit beginnt für unsere Gemeinde die direktere Versorung durch die dem Freiburger Pfarrer unterstellten Pfarrdiakone, die – soweit es der Dienst in Freiburg zuläßt – mit großem Eifer in der Diaspora wirken. Pfarrdiakon Deppert wohnte sogar für einige Jahre in Umkirch. Nach seinem Weggang wird die March zunächst direkt vom Pfarrer in Freiburg-Betzenhausen, inzwischen [1976] Herr Pfarrer Hopfer, versorgt. Für kurze Zeit arbeiten anschießend die Pfarrdiakone Otmar und Trieba neben ihrem Freiburger Dienst in der March. nach unaufhörlichem Drängen des Kirchengemeinderats wurde 1966 Pfarrdiakon Kalläne ausschließlich mit der Versorgung der Gemeinde Hugstetten-Umkirch betraut.

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Hugstetten-Umkirch